Elsässerrheinweg
UV print on PVC
170 × 215 cm
2021
Installation view Artachment Basel
This picture was taken on the newly realized road connecting the Swiss city of Basel with the French city of Huningue. Novartis was able to buy a whole piece of land from the canton of Basel-Stadt, where the only road connecting the two regions was located. A short time later, a landmark by Frank Gehry stood where the route once ran for commuters. Part of the deal was that a Rhine River promenade would be built as a replacement, open to the public. The "Elsässerrheinweg" was completed in 2016 and funded with state money.
A lattice fence still separates the site of the former lindane landfill. Now hanging loosely in the wind on this boundary fence are the works of a photographer who documented the years of remediation at this landfill.
«Who has the right to draw a border and why? And where does the river determine its course and where do corporations, the army or the immigration police do so?
On the opposite, French riverbank, a foot and bicycle path leads along the old Lindan landfill. Novartis, its current owner, removed the soil containing pesticide residue that had accumulated here up until the 1970s. After decades of running it as a strictly closed campus, the chemical company is presenting the prospect of slowly opening the premises to the public. The barriers surrounding the privatized area remain striking, and on its chain link fence, Bianca Pedrina found the picture of a locked door. This multi-layered portrait of a barrier printed on a tent sheet recites its message: attached to a high fence, the picture in the picture is reprinted on PVC. The summer sun protection on the whitewashed pavilion contradicts the desire for admission, freedom of movement and accessibility. An advertising space emptied to its crude base blocks the view of the wasteland.»
Excerpt: Isabel Zürcher for Artachment, Basel
DE
1985 in Basel geboren, gehört Bianca Pedrina einer Generation an, die – mindestens bis zur Pandemie – den Übertritt in die Nachbarländer immer offen und frei erlebt hatte. Das Baujahr des kleinen Kunstpavillons fällt 1944 in den Zweiten Weltkrieg – ein Anlass mehr, sich hier aufs Thema und Motiv der Grenze einzulassen.
Mitten im Rhein verläuft diese hier und berührt in wenigen hundert Metern Entfernung deutsches und französisches Terrain. Wem steht das Recht zur Grenzziehung zu und warum? Wo bestimmt der Fluss den Lauf der Grenze und wo Konzerne, Militär, Fremdenpolizei?
Am gegenüberliegenden, französischen Ufer geht der Fuss- und Fahrradweg entlang einer alten Lindan-Deponie. Novartis als aktuelle Eigentümerin hat den Boden mit den Pestizid-Rückständen, die sich bis in die 1970er-Jahre hier angesammelt hatten, ausgehoben.
Der Chemiekonzern stellt nach Jahrzehnten eines fest verschlossenen Campus die langsame Öffnung des Firmenareals in Aussicht. Noch sind die Barrieren um das privatisierte Gelände markant. Am Maschendrahtzaun fand Bianca Pedrina das Bild einer verschlossenen Tür. Das mehrschichtige, auf eine Zeltplache gedruckte Grenzporträt zitiert sie neu: An einem hohen Zaun befestigt, ist das Bild im Bild noch einmal auf PVC gedruckt. Der sommerlich anmutende Sonnenschutz widerspricht am weiss getünchten Häuschen dem Wunsch nach Einlass, Bewegungs- und Barrierefreiheit. Eine Werbefläche ist zum kruden Halt entleert und versperrt den Blick zur Brache. Im Innern leiht eine weitere Membran ungeschriebenen Grenzgeschichten einen Teppich an Assoziationen. Ihre Aufnahme von Reflexionen des Sonnenlichts auf der Wasseroberfläche hat Bianca Pedrina auf Neopren gedruckt. Jetzt liegt die Isolationsschicht begehbar im Raum. Die zweite Haut des Bodens deutet den Stoff von Schwimm- und Tauchanzügen um, lässt im schwarzen Puffer unsere Schutzbedürftigkeit, die Kälte des Flusswassers und das Sehnsuchtsbild eines Sternenhimmels ineinander fallen.
Gitter, Zäune, Schranken: Je nach Standort und Zeitpunkt meinen sie Gefangenschaft oder nehmen uns in Schutz. Von Gefährdung, Verbot und Überwachung am Rhein weiss Bianca Pedrina, Enkelin von Kriegsgeflüchteten, nur indirekt. Illegale Ankünfte, Grenzwachtposten, Landesverweise waren lange im Schweigen gestockt und gerinnen jetzt, andeutungsweise nur, im fotografischen Bild. Kunststoff hat wortlos Vergangenes in sich aufgesogen. Es spielt der Wind mit der Erinnerung an provisorische Behausungen. Im Verweis-System des Oberflächlichen spiegeln sich Träume und Traumata.
Isabel Zürcher